Er

Hasse das Spiel, nicht die Spieler

Sie lernten sich in einer der Singlebörsen kennen. So eine, in der man sich als total tollen Menschen auf der Suche nach der großen Liebe präsentiert und hofft, dass am Ende wenigstens Sex dabei rausspringt. Sie war ein paar mal auf seinem Profil gewesen. Er hätte sie nie angesprochen. Ihr Matchingscore war gering und sie spielte in einer höheren Liga. Als ihre erste Mail eintraf, war er mehr als überrascht und obwohl er wusste, dass das nur ein Irrtum sein konnte war er aufgeregt. Sie fände sein Profil interessant, wolle ihn Kennenlernen. Er willigte ein, fand er sie doch wirklich interessant. Und was sollte ihm schon passieren? Sie stellte Regeln auf. 1.Du musst nichts über mich wissen. 2.Ich frage, du antwortest. 3.Keiner verliebt sich in den anderen. Seine Aufregung verflog so schnell, wie sie gekommen war aber er spielte mit. Er hatte Lust sich ihr zu öffnen, ihr Interesse schmeichelte ihm. Nicht fragen zu dürfen kam ihm entgegen. Er tat sich trotz seiner Neugier schwer damit jemanden auszufragen. Es entwickelten sich gute Gespräche, schnell wurden Treffen vereinbart. Sie verbrachten schöne Stunden miteinander, mit Gesprächen, prickelnder Erotik bis hin zu Sex. Kein stumpfes Pornogeficke. Nein, ihr Sex war von Vertrauen und Leidenschaft geprägt. Liebesspiel der gehobenen Klasse.

(-;--hier ist raum für ihr kopfkino--;-)

Noch immer wusste er nichts über sie. Nicht ihren Namen, ihr Alter geschweige denn ihr Handynummer oder ihre Adresse. Natürlich fragte er sich, wer sie war. Betrog sie ihren Ehemann mit ihm? War sie eine psychopathische Serienkillerin? Oder fand sie ihn einfach nur nett? Aus den Treffen konnte er keine Antwort ableiten da die Grenzen zwischen Rollenspiel und Realität völlig aufgehoben waren. Also zwang er sich, nicht darüber nachzudenken sondern die gemeinsame Zeit zu genießen. Er bildete sich manchmal ein, sie würde ihn sehr mögen.

Schon in der Sekunde, als er ihre Mail gelesen hatte, wusste er, dass er sie nie wieder sehen würde. Sie brauche eine Auszeit, müsse sich sortieren und wolle ein paar Tage verreisen. Er war schon zu lange in diesem Geschäft um die Botschaft misszuverstehen. Tage vergingen ohne eine Nachricht was ihn nur bestätigte. Wie schon oft zuvor wählte er die männlichste Form der Trauerbewältigung und soff sich in eine Stimmungsmische aus Selbstmitleid, Wut und abgefuckter Coolness.

Als er am Morgen auf sein Handy blickt, ist er schlagartig wieder verwirrt. Eine SMS von ihr. Abgesehen vom Inhalt fragte er sich, warum sie ihm eine SMS schrieb. Sie wagte sich aus einer Deckung und gab ihre Nummer Preis, was gegen die Regeln war. Er antwortete ihr und nach wenigen SMS verstummte der Kontakt wieder. In einer Art Kadavergehorsam war ihm klar, dass sie darauf vertraute, dass er ihr nicht schreiben würde. Und doch wunderte er sich über das Risiko, dass sie eingegangen war. Er wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. Abhaken? Abwarten? Er ärgerte sich, keine Fragen gestellt zu haben aber das waren nun mal die Spielregeln. Etwas wehmütig entschied er sich, einfach eine schöne Erinnerung zu bewahren und hey, Dosenbier gab es ja auch noch.

Experiment gelungen. qed.

Als er die Wohnung verlässt und sich zum Bahnhof durchfragt, analysiert er die Nacht. Hatte er einen Aufriss? Oder war er der Aufgerissene? Sie hatte ihn umschmeichelt, umgarnt. Schon bei der ersten honigsüßen Schmeichelei wusste er, wie es ablaufen würde. Er weiß immer wie es abläuft. Nette Worte, geheucheltes Interesse. Er lässt es sich gefallen, er weiß, dass es nicht ehrlich ist. Er sehnt sich nach etwas echtem. Etwas echtem, das es gar nicht mehr gibt. Er ist immer wieder enttäuscht, dass er am Ende immer Recht behält. Er wird wieder ein Stück mehr abgewichster. Und irgendwann werden sie ihn wieder fragen: Warum bist du so geworden? Die Antwort denkt er sich und lässt auch dieses mal die Dinge ihren natürlichen Lauf nehmen. Er fragt sich, warum sie nie den Arsch in der Hose haben es zuzugeben, sie verschwinden einfach, lösen sich auf. Er lacht darüber, wieder ist er reingefallen.

Remake vom Remake vom Re...

Er erwacht, zumindest macht er die Augen auf. Wo bin ich? Fremde Wohnung, fremder Geruch, fremde Welt. Augen zu, Gedanken sortieren. Augen auf, Blick zur Seite. Verdammt, nicht schon wieder. Ok, aufstehen, Klamotten mit den Augen suchen. Planung ist wichtig, er kennt es schon. Er zieht sich an, betrachtet ihren Körper auf dem Bett, am Liebsten würde er sich neben sie legen und mit ihr zusammen aufwachen. Sie würde ihm einen Kaffee machen, Milch?Zucker?Danke,schwarz. Sie würden ein verkatertes Gespräch führen, sich anlächeln. Sie würden sich Kennenlernen,sich ihre Welten vorstellen, zusammen die Eroberung der Welt planen. Und sie würden davon träumen, miteinander glücklich zu werden. Aber er hat Erfahrungen genug gemacht, um zu wissen, dass ihm sein betrunkenes Herz einen Streich spielt. Sein Hirn weiß, wie das Spiel läuft. Nichtmal ihren Namen hat sie ihm gesagt, noch ihr alter verraten. Er guckt noch einmal zu ihr, lächelt mild... .

Er geht als Verlierer vom Platz aber hebt den Pokal in den Nachthimmel.

...

Er fand sich auch einer Wiese wieder, um ihn herum nur Wiesen. Ein paar Bäume, die er nicht benennen könnte. Wie war er hierher gekommen? Hatte er gestern wieder zu viel getrunken? Er versuchte irgendwelche Informationen aus seinem Kopf zu filtern aber da war nichts. Mmh, ich nehme das so hin, vielleicht bin ich einfach aus den Wolken gefallen. Er blickte sich um, in welche Richtung sollte er sich auf den Weg machen? Dann lief er einfach los, durch das hohe Gras, es war unerträglich heiß. Sein Bundeswehr T-shirt war schon bald völlig durchgeschwitzt. Er blickte um sich herum, irgendwo musste doch ein Ziel sein. Da war aber keins, egal dachte er sich, ich bin bis hierher gekommen auch ohne ein Ziel zu haben und lief einfach weiter. Du bist hier im absoluten Nirgendwo... aber irgendwie ist es schön hier, hier im Nirgendwo. Er begann die friedliche Natur wahrzunehmen und zu genießen. Am Himmel erkannte er einen Milan, er hatte noch nie einen gesehen und war stolz auf sein, aus Kinderbüchern angelesenes Wissen. Er lächelte zum ersten mal seit langer Zeit und kam sich blöd dabei vor. Er lachte sich selber aus und lachte gleichzeitig mit sich. Immer weiter führte ihn sein Zielloser Weg durch die Natur.

Er blieb plötzlich stehen, wie vom Blitz getroffen. Aus dem Nichts stand ein Mädchen vor ihm. Wo war sie hergekommen? Er hatte sie nicht kommen sehen. Er schämte sich, hätte sie ihn lächeln gesehen? Sein Lachen gehört? Sie war nur wenige Meter von ihm entfernt, nichts deutete daraufhin, woher sie gekommen war. Sie war einfach da. Er sah sie an. Sie sah ihn an. Sie hatte ein Sommerkleid an, in der Hand ein Buch in dem ihr Zeigefinger steckte. Er verstand nicht, ob sie hübsch war, er konnte nicht einordnen, ob da eine Frau oder ein junges Mädchen vor ihm Stand. Die Sonne in ihrem Rücken gab dem Bild etwas besonderes. Vielleicht halluzinierte er auch nur, eine Fata Morgana hier, irgendwo in der Pampa. Sein Blick schweifte ab, er bemerkte den leichten Wind der ihre Haare in der Sonne glitzern ließ, der das Gras wie Wellen eines Meeres bewegte. Er verlor das Zeitgefühl er versuchte sich auf sie zu konzentrieren. Wer bist du? Woher kommst du und überhaupt, was machst du in meinem Nirgendwo? sagte sein Blick. Das geht dich überhaupt nichts an! antwortete sie mit einem stummen Blick.

...

Sie hatten sich vor einiger Zeit im Netz kennen gelernt, sie schrieben sich und geilten sich an ihren virtuellen alteregos auf. Sie verbrachten viel zu viel zeit online um sich zu treffen. Nach anfänglichen Problemen einigten sie sich darauf eine Art virtueller Beziehung zu führen, keine realen wünsche zu haben, sich aber virtuell zu lieben. "sich virtuell zu lieben ist die neue Romantik"

Er kommt in ihre Wohnung. sie ist sauer. er kommt auf sie zu. sie arrogant. "sie: du hast es getan, du Arsch. du hast dich in mich verliebt. das ist gegen die Abmachung. das durftest du nicht" er greift sie am Umschlag ihres Blazers: und du? was hast du getan? du hast dich ebenso in mich verliebt. den proleten, den unterschichtler. du hast dich deiner Lust nach Romantik hingegeben.</em>

laß uns noch einmal so tun, als wäre es das was wir wollen, echt.

Bequemlichkeit vs Faulheit

Da kommt einer nach Hause. Er hat eh schon schlechte Laune. Er verzweifelt mal wieder an seinem Weltbild aber auch an sich selber. Alles kotzt ihn an, alles scheint so sinnlos. Die schönen Dinge, die romantischen, die guten passieren doch nur in seinem Kopf. Die Realität ist eine ganz andere. Viel kälter, härter und so gar nicht nach seinen Träumen. Und dann sitzt er so da, fragt sich, warum alles ist, wie es ist. Er hat keine Lust mehr.

Unten im Keller liegt das Gewehr, 3 Patronen auch. Eine würde ihm reichen aber ehrlich gesagt ist ein Gewehr unpraktisch. Um das Rohr in den Mund zu bekommen und dann den Abzug zu drücken, müsste er sich strecken, das nähme der Szene ihre pathetische Ausdruckskraft. (Und ja, es heißt "Rohr" und nicht "Lauf"). Eine Faustfeuerwaffe wäre besser anzusehen. Mmh, aber woher soll er Nachts um 4 ne Knarre bekommen? Also doch das Gewehr. Aber das liegt im Keller. Fuck.

Noch ein bisl Musik... aber morgen wird er motivierter sein.

Er

Er wacht auf, sein Mund ist trocken. Eine Geschmacksmischung aus Zigaretten und Bier, vielen Zigaretten und viel Bier. Der Durst treibt ihn aus dem Bett, nichts anderes. Er spült sich den Mund aus, trinkt einen großen Schluck kaltes Wasser. Wie gut das tut, beim Pinkeln schießt im der Satz durch den Kopf, Morgenurin sei gesund und Mittelstrahl sei steril. Naja, gesund sieht das nicht grad aus. Wo er schon mal auf den Beinen ist, warum nicht nen Kaffee machen? Sein Hals brennt, im Kopf zwickt irgendwas. Was ist gestern passiert? Egal, er lebt noch und ist nicht in seiner eigenen Kotze aufgewacht. Er verbucht das als positive Grundlage für den Tag. Er steht am Fenster, die erste Zigarette verschlimmert das brennen noch und auch dem zwickenden Kopf tut er damit keinen Gefallen. Er spuckt aus. Die Musik entspannt ihn, das Treiben auf dem Supermarktparkplatz wirkt unwirklich weit weg. Er ist weit weg. In seinem Emaillebecher schwappt der Kaffee, selbst an diesem Anblick kann er sich erfreuen. Er mag diesen alten Becher mit seinen abgeplatzten Stellen. Mit dem letzten Schluck Kaffee wirft er ein paar Tabletten ein. Der Kopf wird es ihm evtl danken.

Diese drückende Hitze.

Ein Abend

bitte in tab öffnen und als background laufen lassen
Er verlässt das Haus, durch die fast leere Fußgängerzone zur kleinen Tanke. "Hey, hallo...." gespielte Freundlichkeit, kurzer Austausch der neuesten Geschichten. Er hat ein frisches Hemd an, das Angebot seiner Kollegin, das Alte für ihn zu waschen, lehnt er ab; das hat nur eine Person für ihn gemacht. "Ich wecke immer mütterliche Gefühle in Frauen" denkt er sich. Dann das übliche Geschäft, gespielte Freundlichkeit seinerseits, alles easy. Seine Gedanken sind irgendwo Anders. Seit Tagen, evtl Wochen ist er unrasiert, sieht aus wie ein Waldschrat, ein Zausel. Bekommt dafür Komplimente, von einer blonden Frau aber auch von einer Libanesin und einem sonstigen Araber, "Die denken bestimmt, ich sei konvertiert und werd jetzt...." sagt er zu sich und lacht über seine Vorurteilsgeprägten Gedanken. Er erledigt alle Arbeiten, wie immer. Nichts ist los, kaum Menschen auf den Straßen, die Taxifahrer jammern, die Polizisten langweilen sich, eine komische Stimmung liegt in der Luft; überhaupt diese Luft, schwere Schwüle. Den Tag über war es sonnig, am Abend frischt der Wind etwas auf. Leiser Wind der seine Kraft nur andeutet, Gewitterwind, Gewitterluft. Er schaut diesen Wind an; los, laß es krachen. Diese schlafende, brodelnde Energie, so wie in ihm.

Er fragt sich, wie es ihr wohl gehen mag. "Denkt sie an mich? Was macht sie? "

Noch ein Kunde, er kassiert. Ein kurzes Gespräch entsteht, "...alles Scheiße..." "...ich will ja arbeiten aber..." "...und dann siehste diese Kanaken..., dicken Schlitten.." In Gedanken blättert er seinen italienischen Ausweis durch und fragt sich, wo sein dicker Schlitten eigentlich steht. "...aber das darf man ja in Deutschland nicht sagen..." "... will dich aber nicht volltexten... äh, lange Blättchen brauch ich noch...". Er ist ganz woanders, irgendwo weit weg. In den Jahren hat er gelernt solche Gespräche zu führen ohne daran teilzunehmen, Automatismen, die falsch sind aber er ist nicht da um die Welt zu retten.

Er fragt sich, wie es ihr wohl gehen mag. "Denkt sie an mich? Was macht sie? "

Er schließt ab, rechnet seine Kasse ab; Passt. Nimmt ein Bier aus dem Kühlregal und setzt sich ins Lager, er hat Zeit. Stille. Er denkt nichts, guckt, trinkt. Er verlässt den Laden, die Luft knistert förmlich, natürlich muss der Wind jetzt seine Energie entladen. Er schlägt den Kragen hoch, es beginnt zu Regnen. Wieder läuft er durch die jetzt leere Fußgängerzone, er genießt den Petrichor, mit dem so viele Bilder in seiner Erinnerung verbunden sind.

Das Gewitter entlädt sich aber nicht. Die erlösende Entladung bleibt aus, wie nach einem Abend der Geilheit, wenn das Masturbieren nur eine fahle Triebbefriedigung bleibt. Diese schlafende, brodelnde Energie, entlädt sich nicht; so wie in ihm.

Er fragt sich, wie es ihr wohl gehen mag. "Denkt sie an mich? Was macht sie?" Er haßt sich für diese Gedanken: "...denk nicht an sie, denk nicht an sie..."

Heute Abend spielt Deutschland vs Griechenland im EM-Viertelfinale. Er wird in der kleinen Tanke stehen... .

Mico

Harte Zeiten für Träumer

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